31. 07. 2009
STADLER: Karlsruher Entscheidung ist auch ein Meilenstein für das Parlamentarische Kontrollgremium
BERLIN. Zu dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Juli 2009 (2 BvE 5/06), wonach die Beantwortung "Kleiner Anfragen" durch die Bundesregierung nicht verfassungsgemäß erfolgt war, erklärt der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) und FDP-Innenpolitikexperte Max STADLER:
Die wegweisende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stärkt indirekt auch die Befugnisse des Parlamentarischen Kontrollgremiums, und reicht daher in ihrer Bedeutung über die Wahrnehmung des Fragerechts von Abgeordneten weit hinaus.
Diese Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts und das kürzlich verabschiedete Gesetz zur Reform des PKGr bringen die Geheimdienstkontrolle maßgeblich voran.
Im neuen PKGr-Gesetz ist nämlich ein Streitpunkt offen geblieben. Die Berichtspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Gremium betrifft nur solche Informationen, über die sie verfügungsbefugt ist. Dadurch bestand die Gefahr, dass sich die Bundesregierung unter Berufung auf Gründe des Staatswohls doch wieder einen kontrollfreien Raum geschaffen hätte. Dem ist Karlsruhe entgegengetreten, indem die Verfassungsrichter die pauschale Behauptung einer Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht ausreichen lassen.
Damit hat das Bundesverfassungsgericht einen allgemeinen Grundsatz formuliert, der nicht nur bei der Beantwortung von Fragen von Abgeordneten zu beachten sein wird, sondern auch im Parlamentarischen Kontrollgremium.
Zudem hat das Bundesverfassungsgericht die Haltung der FDP bestätigt, dass eine Berichterstattung im PKGr die Bundesregierung nicht von ihrer Pflicht entbindet, in anderen Gremien, etwa im Innenausschuss und im Rechtsausschuss oder in der Fragestunde im Plenum, Rede und Antwort zu stehen. Die FDP hat bei der Reform des PKGr-Gesetzes dafür gesorgt, dass dort ein Punkt klargestellt worden ist: Die sonstigen Rechte des Parlaments werden von der Tätigkeit des PKGr nicht beeinträchtigt.
Diese von der FDP im Gesetzgebungsverfahren erzielte Klarstellung war notwendig, weil die Bundesregierung wiederholt versucht hatte, Berichterstattungen beispielsweise im Innenausschuss dadurch zu umgehen, dass sie auf das PKGr verwiesen hat, wohl wissend, dass das PKGr zur Geheimhaltung verpflichtet ist. Dadurch hat die Bundesregierung die öffentliche Erörterung ihr unangenehmer Vorgänge vermeiden wollen.
Dieser von der FDP stets kritisierten Praxis hat das Bundesverfassungsgericht nun einen Riegel vorgeschoben. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen.
Nunmehr bildet das neue PKGr-Gesetz in Verbindung mit der Karlsruher Entscheidung vom 1.7.2009 eine gute Grundlage für eine wirksame Kontrolle der Nachrichtendienste durch das Parlament.
Wenn Geheimdienste immer mehr Befugnisse erhalten, muss auch die Kontrolle verbessert werden. Dazu sind jetzt die Voraussetzungen geschaffen.
Download der gesamten Pressemitteilung im PDF-Format:
801-Stadler-PKGr.pdf (2009-07-31, 133.55 KB)